Folge 16: Der Antisemitismus des Dritten Lagers
Liebe Freundinnen und Freunde,
Die FPÖ ist aus dem so genannten Dritten Lager hervorgegangen, dessen markantestes Merkmal der radikale Antisemitismus war.
Der Begriff des Antisemitismus hatte sich ursprünglich gegen Menschen jüdischen Glaubens gerichtet. Dieser Feindschaft und der damit verbundenen politischen, gesellschaftlichen und teilweise auch beruflichen Ausgrenzung konnten Juden durch Übertritt zum christlichen Glauben entkommen.
Es waren zwei Burschenschafter, die den Antisemitismus umdeuteten und ihm seine schlimmste – in der Nazi-Zeit tödliche – Form gaben. Einer von ihnen war Georg Ritter von Schönerer, Mitglied der Wiener Burschenschaft Libertas und Führer der Alldeutschen, der bestimmenden Kraft des Dritten Lagers.
Schönerer weitete er den Antisemitismus von der Religion auf die Rasse aus. Vor diesem Rassen-Antisemitismus gab es kein Entrinnen. Er wurde Grundlage des Holocaust, führte Millionen Jüdinnen und Juden in den Tod.
Adolf Hitler hat Schönerer in „Mein Kampf“ als seinen geistigen Vater bezeichnet. Im Programm von Schönerers Alldeutschen war die „Abwehr gegen den Fremdkörper Judentum“ festgeschrieben. Das Partei-Logo der Alldeutschen zeigte die Kornblume, die damit zum Symbol des Judenhasses wurde.
Schönerer wollte die Kunst aus der „Verjudung“ befreien. Er forderte die Entfernung von Juden aus Staatsdienst, Schulen, Universitäten, Vereinen und Zeitungen. Er rief zur „Ausrottung“ der parasitären Rasse auf. Im Wiener Parlament verlangten seine Alldeutschen, eine Prämie für jeden „niedergemachten Juden“ auszusetzen.
Die Kornblume war also nie harmlos. Sie markiert den Ausgangspunkt jenes Judenhasses, der im fabriksmäßig organisierten Massenmord der Vernichtungslager der Nazis endete.
Dass sich FPÖ-Politiker die Kornblume ans Revers stecken, ist eine unerträgliche Verhöhnung der Opfer des Nazi-Terrors. Dass die Parteien der Mitte gegen diese neonazistische Provokation nicht einschritten, ist eine Schande für unsere Demokratie.
Mit freundlichen Grüßen,
Hans-Henning Scharsach
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