Folge 29: Martin Graf und die FPÖ
Liebe Freundinnen und Freunde,
Österreich ist im Staatsvertrag, der unserem Land die Freiheit gebracht hat, zwei Verpflichtungen eingegangen. Erstens: Alle Spuren des Nationalsozialismus aus Politik und Gesellschaft zu tilgen. Und zweitens: jede großdeutsche Propaganda zu verhindern. Dieser Staatsvertrag ist Teil unserer Bundesverfassung und Grundlage des Verbots nationalsozialistischer Wiederbetätigung.
Martin Graf, der bei der kommenden Wahl wieder auf einem sicheren Listenplatz für die FPÖ kandidieren darf, hat diesen in der Verfassung verankerten antifaschistischen Grundkonsens mehrfach kritisiert. Er hat das Verbotsgesetz in Frage gestellt, das nationalsozialistische Wiederbetätigung unter Strafe stellt. Und er hat gegen das Anschlussverbot an Deutschland agitiert. (Zitat) „Die heutigen Staatsgrenzen sind willkürlich gezogen; das deutsche Volkstum muss sich frei in Europa entfalten können“.
Wie sich Grafs Burschenschaft Olympia die „freie Entfaltung“ des Deutschtums vorstellt, machen Flugblätter deutlich, die in den Achtzigerjahren zum „Tag der deutschen Einheit“ verteilt wurden. Diese zeigen ein Großdeutschland in den Reichsgrenzen von 1939.
Als die Olympia den Vorsitz des Dachverbandes der deutschen Burschenschaften übernahm, forderte sie allen Ernstes, „Österreich in die Wiedervereinigung Deutschlands einzubeziehen“.
Als Burschenschafter der Olympia den Neonazi Gottfried Küssel in Schutz nahmen und die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe kritisierten, meinte Graf, es müsse in einer demokratischen Welt zulässig sein, ein Gesetz, das die Meinungsfreiheit und die politische Tätigkeit einschränkt, zu kritisieren.“
Martin Graf irrt: Nicht die „politische Tätigkeit“ wird eingeschränkt. Es ist die nationalsozialistische Tätigkeit. Diese hat uns den industriell organisierten Massenmord in den Konzentrationslagern und mehr als 50 Millionen Kriegstote als historisches Erbe hinterlassen. Es ist ein Armutszeugnis für unsere Demokratie, dass man Politiker der FPÖ immer wieder daran erinnern muss.
Mit freundlichen Grüßen,
Hans-Henning Scharsach
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