Marlene Svazek, Landesobfrau der FPÖ Salzburg, hat in Reaktion auf die Buchpräsentation mit Hans-Henning Scharsach am 31. August im Presseklub Concordia einen Beschwerdebrief an Scharsach selbst und den Verlag Kremayr & Scheriau geschrieben. Wir veröffentlichen hier ihren Brief sowie die Antwort von Hans-Henning Scharsach.
Marlene Svazek:
Salzburg, am 1. September 2017
Betrifft: Die Bezeichnung meiner Person in Ihrem neuen Buch
Sehr geehrter Herr Scharsach,
wir kennen uns nicht. Genauso wenig, wie ich mir daher noch kein Urteil über Sie bilden konnte, war Ihnen selbiges über meine Person nicht möglich. In Ihrem neuesten Buch aber maßen Sie sich an, über mich zu urteilen und mich in Ihrer Pressekonferenz als das „hübsche Gesicht“ der FPÖ und „die Alibifrau“ zu bezeichnen, die zwar – frei nach Ihrer Einschätzung – Landesparteiobfrau sein darf, allerdings keinerlei Entscheidungskompetenz besitzt. Ich gebe zu, ich habe Ihr Buch nicht gelesen und werde das auch nicht tun, weil ich derlei inhaltlichen Unsinn nicht auch noch mitfinanziere.
Dass Sie ein offensichtlich tief sitzendes Problem mit der FPÖ, den dort politisch engagierten Menschen und Studentenverbindungen haben, dürfte bekannt sein. Dass Sie allerdings auch ein Problem mit Frauen haben, Frauen in Ihren Aussagen auf ihr Geschlecht reduzieren und gar auf ihr Äußeres, ist wohl neu. Gestatten Sie mir aber einige Fragen zu stellen. Hätten Sie einen jungen, männlichen Landesparteiobmann, der keiner Studentenverbindung angehört, etwa auch als „Alibimann“ bezeichnet? Hätten Sie ihn das „hübsche Gesicht“ der FPÖ genannt? Hätten Sie ihn auch als eine Aufhübschung gemeinsamer Fotos aller Landesparteiobleute bezeichnet? Wohl kaum. Ihre Aussagen strotzen nur so von Sexismus in seiner pursten Form. Sorge darüber, dass die Sexismus Watchgroup nun bei Ihnen klingelt, müssen Sie allerdings nicht haben, denn ich bin schlichtweg das falsche Opfer. Kaum auszudenken, welchen Aufschrei es gebe, wäre ich Mitglied der SPÖ oder den Grünen – das würde ich nicht einmal Ihnen wünschen. Ich gehöre schlichtweg einer politischen Partei an, die Sie nicht ausstehen können, genauso wenig wie Sie die dort engagierten Menschen achten.
Ich spreche für alle Frauen, die sich in Männerdomänen behaupten, keinen Kampf gegen Männer führen müssen und auf Augenhöhe gleichwertig mit Männern zusammenarbeiten können, geschätzt und respektiert werden und möchte Ihnen mit auf den Weg geben, dass Sie sich schämen sollten. Mich persönlich treffen Ihre Aussagen nicht, da ich weiß, wie sich die Realität gestaltet und ich zum Glück von Männern umgeben bin, die mich nicht auf mein Geschlecht reduzieren, sondern danach beurteilen, wer ich bin. Während Sie offensichtlich von blankem Hass zerfressen sind, fühle ich mich innerhalb der Bundesführung und inmitten ihrer Männer, die mich bisher immer mit unglaublicher Wertschätzung unterstützt haben, sehr wohl. Sie sollten sich daher wohl eher ein Beispiel an den Männern der FPÖ nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Marlene Svazek
Landesparteiobfrau FPÖ Salzburg
PS: Sie beziehen Ihre Aussage der „Alibifrau“ auf angebliche Verhandlungen über die Parteienförderung, derer ich nicht beiwohnen durfte, weil das die Burschenschafter (Differenzierungen dieser Begrifflichkeiten kennen Sie offenbar auch nicht) übernommen hätten. Ein klassisches Beispiel schlechter Recherche, wenn nicht sogar Fake News. Lassen Sie mich Ihnen aber mit einer kurzen Erklärung dazu helfen. Diese „Verhandlung“ war ein wenige Minuten andauerndes Gespräch mit dem Salzburger Landeshauptmann, in dem die Position der FPÖ betreffend den Parteienförderungsstreit in Salzburg klargemacht werden sollte. Den Anstoß für dieses Gespräch habe ich gegeben, leider Gottes aber befand ich mich zu diesem Zeitpunkt nicht in Salzburg. Da es mir aber ein Anliegen war, so schnell wie möglich das persönliche Gespräch zu suchen, habe ich meinen ersten Stellvertreter Mag. Ing. Volker Reifenberger und FPÖ-Landesparteisekretär Dr. Andreas Hochwimmer gebeten, dieses Gespräch in meinem Namen zu führen. Alles Weitere können Sie Medienartikeln entnehmen. Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Recherchearbeit, die Ihnen offenbar ohnehin nicht wirklich wichtig ist, abgenommen zu haben. Auf eine Richtigstellung werde ich wohl vergeblich warten müssen.
Dieser Brief ergeht an:
Hans-Henning Scharsach, Buchautor
Klubobmann Heinz-Christian Strache, FPÖ
Dritter Nationalratspräsident Ing. Norbert Hofer, FPÖ
Außerdem wird dieser Brief auf meiner Facebookseite (facebook.com/marlene.svazek) veröffentlicht, sowie an ausgewählte Medienvertreter versandt.
Hans-Henning Scharsach:
Sehr geehrte Frau Svazek,
dass Sie mir einen Brief schreiben und sich mit meinen Aussagen auseinandersetzen, spricht für Sie. Es ist eine rühmliche Ausnahme, dass sich FPÖ-Politiker ernsthaft auf Kritik einlassen. Darum auch meine Antwort.
Dass Sie sich in einer derart frauenfeindlich agierenden Partei engagieren (die Aussagen Ihrer Parteikollegen finden Sie in meinem Buch – aber das wollen Sie ja nicht lesen) spricht gegen Sie.
Dass eine Politikerin der FPÖ einem Autor, der die Frauenfeindlichkeit dieser Partei anprangert, Sexismus unterstellt, ist kabarettreif. Dazu einige Aussagen Ihrer Parteifreunde:
Männer seien „wegen des körperlichen Unterschieds stärker“, hat Ihr Generalsekretär und EU-Parlamentarier Harald Vilimsky entdeckt. Der harte Polit-Job eigne sich eben weniger für Frauen, die „mehr darauf aus sind, zu gefallen“ und „mehr Zeit für die Frisur und Kosmetik“ verwenden.
Frauen seien vom „Nestbauinstinkt“ geprägt und suchten den „Löwenmann, der dann im Nest sitzen soll“, meint Ihr Parteifreund Johannes Hübner. Das wolle der Löwenmann aber nicht, „denn Alphatiere sind – wie im Tierreich – oft polygam und haben den Drang, den eigenen Samen weit zu verbreiten.“
2013 war Norbert Hofer Herausgeber eines Buches, für das Strache das Vorwort schrieb. In diesem heißt es: Jede Organisation verliere an Ansehen, „je höher der Frauenanteil – und je bedeutender die von Frauen bekleideten Funktionen sind“. Wie finden Sie das?
In einer Einladung der Burschenschaft Olympia, der zahlreiche Ihrer Parteifreunde angehören, heißt es: „Hast du eine Freundin, die weder schön noch still ist, dann bleib zu Hause.“
Ihre Parteifreunde, sehr geehrte Frau Svazek, haben unzählige Beispiele aggressiver Frauenverachtung geliefert. Frauen die „dienen“ und „verfügbar“ sein sollen, Ausdrücke wie „Brutpflegetrieb“, „Nestbauinstinkt“, „Gender-Wahnsinn“, „Kampfemanzentum“, „Radikalfeminismus“, die „wirre Welt der Frauenpolitik“ und nicht zuletzt die unseligen und unzähligen frauenfeindlichen Hass-Postings auf FPÖ-Seiten.
Und nebenbei: Hätte die FPÖ ausschließlich Landesobfrauen, dann hätte ich über einen einzigen Mann, der in eine solche Stellung gehievt worden wäre, ganz sicher genauso geschrieben und hätte ihn als „Alibimann“ für das Familienfoto nach einer Parteiveranstaltung bezeichnet. Aber diese „Gefahr“ besteht bei der FPÖ natürlich nicht.
Auf das hübsche – bzw. telegene – Aussehen von jungen Männern Ihrer Partei habe ich übrigens mehrfach hingewiesen: Zu der Zeit, als Jörg Haider sich mit seiner „Buberlpartie“ schmückte.
Wenn diese Beispiele Sie nicht überzeugen, sollten Sie vielleicht doch mein Buch lesen. Von „Hass zerfressen“, wie Sie das formulieren, bin ich zwar nicht, aber abgestoßen von einer verfassungsfeindlich agierenden Partei, die sich aus den Traditionen des Nationalsozialismus nie gelöst hat und jenes „Deutsche Vaterland“ propagiert, das zu unser aller Glück nur mehr Geschichte ist.
Ihren Brief werde ich selbstverständlich auf meiner Facebook-Seite und meinem Blog „Empört euch!“ gemeinsam mit meiner Antwort abdrucken. Dass Sie sich zu der gleichen Vorgangsweise entschließen, wage ich zu bezweifeln – nicht weil ich Sie kenne, sondern weil ich die Partei kenne, für die Sie tätig sind.
Und noch etwas: Dass Sie mich trotz unserer offensichtlichen Kontroverse am Schluss Ihres Schreibens „freundlich grüßen“, spricht ebenfalls für Sie. Noch nie hat mich ein Politiker Ihrer Partei freundlich grüßen lassen. Daher grüße ich ebenso freundlich zurück, in der Hoffnung, dass Ihre Partei sich dazu entschließen kann, mehr Frauen in Entscheidungspositionen zu bringen, ohne Angst, dadurch an Ansehen zu verlieren. Wie gesagt:
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Henning Scharsach
PS: Zu Ihrem PS habe ich andere Informationen – von zwei Ihrer „Parteifreunde“, die sich über ihre Rolle als Alibifrau amüsieren und daraus kein Hehl machen. Vielleicht regen Sie Ihre Parteifreunde dazu an, sich über Interna in der Öffentlichkeit weniger laut zu unterhalten.
Und nicht zuletzt: Wenn Sie wirklich an einer sachlichen Auseinandersetzung zu diesem Thema interessiert sind, lade ich Sie zu einer Diskussion ein. Ich bin mir sicher, die Salzburger Uni hätte eine Freude mit dieser Veranstaltung – und Sie hätten Heimvorteil, den ich Ihnen von Herzen gönne.
Details und Belege findet ihr in Hans-Henning Scharsachs neuem Buch „Stille Machtergreifung – Hofer, Strache und die Burschenschaften“. Ab sofort im Buchhandel erhältlich.