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FPÖ-Kandidat für Höchstgericht will Demo-Recht abschaffen

Posted in Aktuelles

Die FPÖ nominiert Prof. Andreas Hauer, Mitglied des deutschnationalen schlagenden „Corps Alemannia Wien zu Linz“, als Höchstrichter. Buchautor Hans-Henning Scharsach befürchtet drastische Einschränkungen unserer demokratischen Rechte.

FPÖ und ÖVP planen mit der Bestellung von Prof. Andreas Hauer als Mitglied des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes einen Anschlag auf unsere demokratischen Freiheitsrechte. Der Leiter des Instituts für Verwaltungsrecht an der Johannes-Kepler-Universität in Linz und Mitglied des deutschnationalen schlagenden „Corps Alemannia Wien zu Linz“ hat in einem Internet-Beitrag deutlich gemacht, wie er sich die Judikatur von Demonstrationsrecht und Versammlungsfreiheit vorstellt:

Der Anmelder habe „gesetzwidrigen Äußerungen und Handlungen sofort entgegenzutreten“, wenn das nicht möglich ist „die Versammlung sofort aufzulösen“ und dafür zu sorgen, dass „keine Straftaten entstehen“. Könne er das nicht, hafte er für alle „daraus entstehenden Schäden“. Geschädigte könnten diesen Anspruch auf dem Zivilrechtsweg durchsetzen, Staat und Sozialversicherungsträger seien dazu sogar verpflichtet. Die Geltendmachung von Schadenersatzforderungen habe einen „erzieherischen Zweck“ gegenüber Veranstaltern von „Hass-Versammlungen“.

Formaljuristisch hat Hauer Recht. So steht das tatsächlich im Versammlungsgesetz. Dieses stammt allerdings aus dem Jahr 1867. Damals nahmen an „Versammlungen“ in der Regel zwischen 20 und 100 Menschen teil.

Sogar an den Protesten gegen das Schattendorfer „Schandurteil“ (deutsch-österreichische „Frontkämpfer“ hatten auf eine Versammlung der Sozialdemokraten geschossen, zwei Menschen getötet, fünf verletzt und waren freigesprochen worden), der 1927 zum Brand des Justizpalastes führte, hatten nur 500 empörte Sozialdemokraten teilgenommen.

Seit 1867 hat sich die Welt verändert. Im Zeitalter elektronischer Vernetzung, die es ermöglicht Zig-Tausende binnen kürzester Zeit für die Inanspruchnahme eines demokratischen Grundrechtes zu mobilisieren, ist es nicht anwendbar. Schon das Lichtermeer der 300.000 gegen Fremdenfeindlichkeit, zu dessen Organisatoren ich mich zählen durfte, sollte das klar gemacht haben. Wie kann der Anmelder einer Demonstration Gesetzwidrigkeiten „sofort entgegentreten“, die „Versammlung auflösen“ oder dafür sorgen, dass „keine Straftaten entstehen“, wenn Demonstranten die halbe Innenstadt füllen?

In einem gefestigten Rechtsstaat müssen veraltete Gesetzestexte kein Problem darstellen, weil Richter ausreichend Interpretations-Spielraum haben. Bisher hat eine besonnene Justiz diesen Spielraum sinnvoll genützt und dafür gesorgt, das Recht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit nicht zu beschädigen. Höchstrichter wie Professor Hauer drohen diese Rechtsprechung mit Vernunft und Augenmaß zu beenden. Wenn Hauer sich mit seiner Interpretation durchsetzte, wäre die Demonstrations- und Versammlungsfreiheit de facto abgeschafft, weil jedem Anmelder ein wirtschaftliches Existenzrisiko aufgebürdet würde.

Verräterisch ist auch Hauers Wortwahl: Ausdrücke wie „Straßenterror“ „Hassversammlungen“, „Krawallveranstalter“ für Menschen zu verwenden, die gegen einen Ball demonstrieren, der von rechtsextremem Mitgliedern deutschnationaler schlagender Verbindungen organisiert wird und zu dessen Gästen regelmäßig bekennende Antisemiten, Rassisten, Neonazis und Holocaust-Leugner zählen, zeigt jedenfalls, wo er nicht nur juristisch sondern auch politisch steht. Dass Österreich sich in seiner Bundesverfassung dazu verpflichtet hat, „alle Spuren des Nationalsozialismus aus Gesellschaft und Politik zu tilgen“ und „jede großdeutsche Propaganda“ zu verhindern, dass damit Antifaschismus eindeutiger Verfassungsauftrag ist, kann einem Rechtsprofessor nicht entgangen sein.

Ein Mann als Höchstrichter, der das Demonstrationsrecht abzuschaffen versucht, indem er Anmeldern mit der Zerstörung ihrer wirtschaftlichen Existenz droht und engagierte Demokraten, die Österreichs antifaschistische Bundesverfassung verteidigen, als „Krawallveranstalter“ beschimpft, würde dem Vertrauen in Österreichs Justiz schwersten Schaden zufügen.

Da ist zivilgesellschaftlicher Widerstand angesagt. Postet, schreibt Leserbriefe, schreibt Mails an ÖVP-Politiker und bittet sie, diesen Anschlag auf das österreichische Rechtssystem zu verhindern. Und bitte: Verbreitet diesen Beitrag.

Hans-Henning Scharsach
19. Februar 2018

PS: Der verräterische Internet-Beitrag war nicht der einzige Fall, bei dem Professor Hauer sich als Gegner demokratischer Freiheitsrechte geoutet hat. Darüber in Kürze mehr.

Foto: Screenshot ORF